»Glamping« bedeutet glamouröses Campen. Weniger Dosenöffner, mehr Luxus. Weniger Iso-Matte, mehr Bohemian- Style. Am Hallstätter See gibt es einen Ort, wo man Glamping schon betrieb, als das Modewort noch nicht erfunden war.
»Geistige Reinigung in der Natur, ohne Verzicht auf Genuss und Komfort.«
Egal wie man zu dem Begriff „Glamping“ steht, er beschreibt nun einmal die Verbindung zweier Bereiche, die lange Zeit als miteinander unvereinbar galten: Camping und Glamour. Oder wie es der Hallstädter Glampingplatz Camping Park am See auf seine Homepage beschreibt: „Geistige Reinigung in der Natur, ohne Verzicht auf Genuss und Komfort.“
Klingt erst mal grundvernünftig, denn mal ehrlich: Bierbäuchige Familienväter, die vor dem Camper in weißbesockten Sandalen Grillfleisch auf den Kugelgrill wuchten in Ehren, aber es gibt wohl kaum eine Freizeitbeschäftigung, die eine Verbesserung ihres Images nötiger gehabt hätte als das gute alte Camping.
Ähnlich dachten auch Lorenzo Morelli und seine Frau Carola, als sie vor nunmehr dreißig Jahren den Campingplatz in Hallstadt übernahmen. „Die Location ist toll, aber es war von Anfang an klar, dass wir das Konzept verändern“, erzählt Morelli, in seinem früheren Leben einmal Food-Stylist und Kulinarik-Journalist. Und so wurden gleich einmal die Stellplätze halbiert und nach und nach die Gartenarchitektur so verändert, „dass man als Gast den großen Park auch genießen kann.“
Irgendwann stand dann die Idee im Raum, Gypsy-Wägen anzuschaffen. Gipsy-Wägen? „Ein schwieriges Thema“, erzählt Morelli, „weil es in unseren Breitengraden nicht mehr viele davon gibt.“ Zu stark hat das NS-Reich gegen Roma und Sinti gewütet und ihre Kultur weitgehend ausgelöscht. Will man heute gut erhaltene Wägen erstehen, muss man in den Niederlanden, in Großbritannien oder Frankreichs Süden suchen.
Irgendwann aber siegte die Neugier und der erste Wagen wurde angeschafft: „Manouche“ aus der Provence. Weitere folgten, und als im Gastgarten zu vorgerückter Stunde einmal ein französischer Gitarrist, der aussah wie George Brassens, erzählte, dass er gut mit der Familie des Jahrhundert-Gitarristen Django Reinhardt befreundet sei, wurde der Grundstein für die wohl wichtigste Anschaffung gelegt: „Django le Gitan“. Ein original „Buggenhout“ aus den dreißiger Jahren, entworfen vom berühmten „Monsieur Albrecht“, der auch Waggons für den Orient Express entworfen hat. Anfang der 1930 Jahre lebte die Familie Reinhardt in diesem Wagen, nahe Paris.
Django selbst wollte nach seinem legendären Unfall nicht mehr in Wohnwägen leben. 1928 geriet sein Wagen in Brand, nachdem die darin gelagerten Zelluloidblumen seiner Frau Florine Feuer gefangen hatten. Reinhardt wurde unter den lodernden Trümmern begraben und konnte sich nur mit Mühe retten. Schwer verletzt verlor er beinahe sein linkes Bein, und seine linke Hand blieb verstümmelt, was ihn zum Erlernen einer eigenen Spieltechnik zwang. Der Rest ist Geschichte.
Heute würde man zu dem, was Django machte, wohl „Weltmusik“ dazu sagen. Ebenso wie „Glamping“ gab es den Begriff damals aber noch nicht, und so formierte die stets tanzbare Mischung aus Tango, Walzer, Swing und Flamenco unter „Jazz“.
Wer weiß, was Django noch alles erreichen hätte können, wäre er nicht schon so früh, im Alter von nur 43 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben.
Bevor „Django le Gitan“ seinen Weg nach Hallstadt fand, war allerdings einiges an Verhandlungsgeschick vonnöten, denn der Wagen, so wollte es die Familie, sollte nicht an den Bestbieter gehen, sondern an jemanden, „der vom Gedankengut her passt“, erzählt Morelli. Nicht um Geld ging es, sondern um pure Sympathie. Das wiederum fand Morelli sympathisch und fuhr drei Jahre lang immer wieder nach Paris, um Gespräche zu führen. So lange, bis man sich schließlich handelseinig war.
Sensationell, denn so lässt sich Djangos Jazz heute hautnah erleben. Die meisten Gäste, erzählt Morelli, kämen, weil sie in genau in so einem Wagen wohnen wollen. Jazzgitarristen, die sich durch das Ambiente von Djangos Wagen inspirieren lassen etwa. Vielleicht in Zukunft ja auch Journalisten, die Django lieben, nahezu jede seiner Aufnahmen kennen und ihn für einen der größten Musiker halten, die je gelebt haben.
Manche Gäste kämen aber auch, ohne etwas über diesen besonderen Ort zu wissen, weil sie „irgendwie im Internet“ gebucht haben, dann aber positiv überrascht sind vom Flair dieses besonderen Platzes mit seinen Gipsy-Wägen. Tatsächlich ist es eine wirklich besondere Stimmung, die die Morellis kultivieren. „Jede unserer Lodges ist anders, mit einer anderen Ausstattung, einem anderen Stil und einer eigenen Seele“, sagt er. Dennoch bleiben manche Merkmale gleich, wie die luxuriöse, zu den Farben des Wagens ausgesuchte passende Bettwäsche, ausschließlich von berühmten Textildesignern Bassetti, Zuccho oder Leinen von Leitner. Dazu kommen wohlige Bademäntel und für die Lodges mit Bädern schicke Bade- und Handtücher sowie Seife aus der Provence.
Am Ende einer Entwicklung ist man bei solch einem Projekt naturgemäß nie. Im Garten bzw. Park gibt es immer was zu tun, und die Wägen sind betreuungsintensiv. Jeder einzelne muss gepflegt und in regelmäßigen Abständen restauriert werden wie eine alte Yacht. Holz abschleifen, Materialfehler ausbessern, neu ausmalen etc. Da trifft es sich gut, dass Frau Carola gelernte Restaurateurin ist. Eine Sammlung muss man hegen und pflegen, und das ist es, was einen in Hallstadt empfängt, eine erstklassige Sammlung. Besonders schön, dass man sie nicht nur anschauen kann, sondern hautnah erleben kann.
Text: Markus Deisenberger
Fotos: Andreas Kolarik
Camping am See
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